Reisetagebuch Spitzbergen Februar-März 2003

Dienstag, 25. Februar 2003

Für heute ist wieder eine Motorschlittenfahrt geplant. Wir konnten als Abfahrtszeit 10:00 Uhr vereinbaren was den Vorteil hat außer länger zu schlafen auch noch in Ruhe frühstücken zu können.

Zunächst die große Frage: Wo soll es denn hingehen? Wir stehen mit Håkan an einer großen Lanfdkarte von Svalbard und schauen nach guten Zielen. Laura schlägt vor an den "Van Mijenfjorden" (der nächste Fjord in Richtuung Süden) zu fahren. Håkan findet die Idee auch gut und vor allem ddurchführbar und los geht es. Wir starten bei bedecktem Himmel und etwa -18°C. Die Berge sind größtenteils zu sehen, teilweise verschwindet aber auch das Weiss der Berge im weissen Dunst. Leider verschlechtert sich das Wetter. Es zieht sich immer mehr zu und der Nebel hüllt die Berge ein. Zeitweise fahren wir durch eine ausschließlich weiße Gegend. Der weisse Schnee am Boden geht lückenlos in weissen Nebel über aus dem sich die weissen Berge entweder gar nicht mehr oder nur noch schemenhaft abheben. Wir sehen in allen Richtungen nur noch weiss, eine Orientierung ist nicht mehr möglich. Ohne Håkans gute Ortskenntnis und Erfahrung mit solchen Situationen und ohne das GPS-Navigationsgerät auf seinem Motorschlitten, in dem die Tour als Wegepunkte gespeichert ist, hätten wir wohl keine Chance mehr zurück oder sonst irgendwas zu finden. Aber sonst irgendwas zu finden lohnt sich sowieso jetzt nicht, denn Longyearbyen ist das einzig bewohnte in vielen Kilometern Umkreis von hier. Noch bevor wir den Van Mijenfjorden erreichen beschließt Håkan wegen dem Wetter und fehlenden GPS-Wegepunkten umzukehren. So machen wir noch etwas nördlich der "Sørhytta", einer unbewohnten Jägerhütte, eine längere Pause und genießen die Gegend , eben das was aus dem Weiss ab und zu auftaucht. Man erkennt an den Bergen einige Dunkle Stellen die eine ganz feine Zerichnung im Weiss der Landschft bilden. Es erinnert an Bilder die wir im letzten Jahr in der Galerie in Longyearbyen gesehen haben, die auch nur ganz feine schwarze Zeichnungen der Berge auf völlig weissem Grund zeigen, sie geben die Stimmung dieser Landschaft sehr gut wieder.

An solchen Stellen unter diesen Bedingungen erlebt man wie die Arktis wirklich ist: Hier bestimmt die Natur was wir machen dürfen oder wo wir heute hinfahren können oder was sonst geschieht oder auch nicht geschieht. Unsere Wünsche oder Zeitpläne sind zweitrangig...

Zur Zeit sind wir übrigens bei 77° 59,9' Nord und 15° 51,372' Ost, anders kann man diese Stelle nicht bezeichnen.

Scooterfahrt in endloses Weiß

Das ist alles was wir von der Landschaft sehen - Wie soll man sich hier orientieren?

Wir drehen um und fahren zurück durch das Gangdalen und weiter nach Westen durch das Bødalen wo wir noch eine Gruppe Svalbard-Rentiere beobachten können. Irgendwie finden sie immer noch etwas Freßbares wenn sie nur lange genug im Schnee rumwühlen.
Auch hier begeistert uns die arktische Landschaft wieder voll. Die Arktis strahlt eine unglaubliche Ruhe aus. Wir haben heute auf dieser Fahrt noch keinen Menschen getroffen. Außer zwei oder drei unbewohnten Hütten auch noch nichts was Menschen gemacht oder verändert haben. Wir hinterlassen ein paar Schlittenspuren im Schnee, aber die sind in kurzer Zeit wieder verweht und dann sieht man auch von unserer kurzen Anwesenheit in dieser faszinierenden Natur nichts mehr.

Die einzigen Geräusche erzeugen wir selbst mit unserem Motorenlärm, aber der Motorschlitten ist die einzige Möglichkeit in kurzer Zeit größere Entfernungen zurück zu legen. Man muß deshalb oft Pausen machen um die Arktis wirklich genießen zu können.

Weiter geht es wie gestern durch das Fardalen über den Longyearbreen nach Longyearbyen.

Nachmittag: Cafe Busen, Svalbardbutikken (Supermarkt) und Ausruhen im Hotel. Das Wetter ist nicht wirklich toll draußen. Es ist wieder sehr windig und der Schnee fliegt in der Gegend rum.

Abendessen: Radisson SAS Polarhotel.
 

Mittwoch, 26. Februar 2003

Der Himmel ist bedeckt, die Berge heben sich kaum davon ab. Nur ein paar dunkle Stellen verraten dass es überhaupt Berge gibt. Wir gehen nach dem Frühstück wieder zur Schneescootervermietung und fragen Håkon ob es bei diesem Wetter überhaupt Sinn hat loszufahren. Er fand das Wetter gar nicht so schlecht und meinte dass man bestimmt was machen könnte. Wir einigen uns auf eine dreistündige Tour und nehmen uns für den Nachmittag noch einen Ausflug mit Hundeschlitten vor, da wir vermuten dass ungünstigeres Wetter dabei nicht so schlimm sein würde weil die Fahrten hauptsächlich im Adventdalen stattfinden.

Als Ziel für die Motorschlittenfahrt wird der Sassenfjorden beschlossen. Die Stelle kennen wir schon vom letzten Jahr, dort ist es traumhaft schön, außerdem ist die Fahrt dorthin nicht sehr anspruchsvoll was den Vorteil hat, dass man sich nicht ganz so sehr auf das Fahren mit diesem ungewohnten Fahrzeug konzentrieren muss sondern sich mehr die Landschaft anschauen kann.

Wir fahren durch das Adventdalen, Helvetiadalen, De Geerdalen nach Elveneset am Sassenfjorden. Es seiht wieder genauso eindrucksvoll aus wie im letzten Jahr, wenn auch die Farben etwas anders sind. Es ist schwer sich von dieser Stelle wieder loszureißen, es ist so eindrucksvoll. Arktis pur, Arktis wie man sich Arktis vorstellt. Eis, Schnee, große, weite, unberührte Natur. Wir sind wieder ganz alleine. Nichts, aber auch gar nichts von Menschen gemachtes oder verändertes ist zu sehen, soweit man schauen kann. Unbeschreibliche, arktische Stille. Wir würden es hier den ganzen restlichen Tag aushalten ohne dass es auch nur eine Minute langweilig wäre. Ich glaube diese Orte sind das was die Faszination an der Arktis ausmacht.

Im Adventdalen

Sassenfjorden

Auf dem Rückweg zeigt uns Håkon noch einen "Pingo". Ein Pingo ist ein Hügel, der einen Eiskern enthält. Er entsteht wennWasser durch die Permafrostschicht sickert und hochgedrückt wird und dabei gefriert. Ein Pingo kann bis zu 50 m hoch werden. Interessant fanden wir auch dass in der unmittelbaren Nähe des Pingos offenes Wasser (flüssig!) war, das trotz der beträchtlichen Minusgrade nicht gefroren ist. Warum würde uns interessieren...

Pingo, rechts davor offenes Wasser - trotz heftiger Minusgrade

Auf dem Rückweg durch das Adventdalen toben wir uns so richtig mit dem Schneescooter aus und jagen mit ca. 70 km/h über den Schnee, zugegeben, das macht auch mal Spaß.

Nach einer kurzen Ruhepause im Hotel werden wir zu unserer bereits geplanten Hundeschlittenfahrt abgeholt. Auch hier gibt es warme Bekleidung. Dann fahren wir mit dem Auto ins Adventdalen zu den Hunden raus. Außer uns fährt noch ein Japaner mit und natürlich unser Guide Ilias, der uns erklären wird wie man mit den Hunden und dem Schlitten umgeht, denn schon bei der Anmeldung hieß es: "Bei uns müsst Ihr alles selbst machen!". Aber gerade das ist uns ja auch am liebsten.

Bei den Hunden angekommen ist unsere erste Aufgabe die Hunde zu begrüßen, das heisst etwa dreißig Alaska-Huskys wollen geknuddelt werden. Man merkt sofort dass sie sehr zutraulich sind, sich gerne anfassen lassen und es kaum erwarten können losrennen zu dürfen. Alle jaulen vor bBegeisterung und springen mit allen vieren gleichzeitig senkrecht hoch. Es ist total was los! Inzwischen besorgt Ilias zwei Schlitten. Er zeigt uns wie man einem Husky das Geschirr anlegt mit dem er später vor den Schlitten gespannt wird und dann meint er jetzt sollen wir die beiden Schlitten einspannen. er zeigt uns welcher Hund wohin kommt. Wenn das ja mal alles so einfach wäre! Laura und ich beschließen Teamwork. Wie steckt man Hundepfoten durch so ein Geschirr? Schwierig... Also ich halte den Hund am Halsband fest (wenn der ja nur ruhig wäre) und Laura steckt seine Pfoten durch das Geschirr. Offensichtlich kennt sie sich mit der Anatomie von Hundepfoten aus, gut so. Vor jeden Schlitten kommen sechs Hunde. Ilias hat gesagt dass er nur Alaska-Huskys verwendet weil sie ruhiger sind als die Grönland-Huskys.

Nachdem das Einspannen fertig ist geht es los. Einer sitzt auf dem Schlitten einer steht hinten auf den Kufen. Es gibt kein Kommando zum losfahren, sobald der Anker aus dem Schnee gezogen und die Bremse (ein Blech, das inden Schnee getreten wird) gelöst ist geht es los. Die Huskys können es kaum erwarten, sie rennen wie wild. Den hinteren Schlitten muß man oft bremsen, damit der Abstand nicht zu klein wird. Eigentlich fährt ein Hundeschlitten wie ein Automatik-Auto: Wenn man die Bremse loslässt fährt es los, will man stehen bleiben bremst man bis es steht.. Ob Huskys einen Drehmomentwandler eingebaut haben?

Während der Fahrt wird es immer dunkler und schließlich Nacht, wir fahren im dunkeln. Wir haben zwar Stirnlampen, aber außer einer auf dem ersten Schlitten sind alle aus, das ist viel schöner. Hundeschlittenfahren macht unheimlich viel Spaß. Es ist so ruhig, man hört nur die Hunde und das Knirschen des Schnees unter den Kufen. Es passt eigentlich viel besser zu dieser Landschaft als die lauten Motorschlitten und wir nehmen uns vor bei unserem nächsten Besuch auf Svalbard eine ganztägige Hundeschlittenfahrt zu machen.

Nachdem wir zurück sind werden die Hunde wieder ausgespannt und bei ihren Hütten angekettet. Das ist wichtig damit sie nicht über einander herfallen. Dann kommt die Fütterung: Jeder bekommt einen tiefgefrorenen Lachskopf. Die Hunde finden das anscheinend toll, es scheint ein Leckerbissen zu sein. Wir freuen uns mehr auf das Abendessen im Hotel.
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Donnerstag, 27. Februar 2003

Das Wetter sieht zunächst gar nicht so schlecht aus. Ein guter Tag zum Motorschlitten fahren!

Wie schon gewohnt laufen wir nach dem Frühstück zur "Svalbard Snøscooterutleie". Heute ist unser Guide Svenn-Erik. Wir starten wieder ins Adventdalen und versuchen einen Aussichtspunkt auf einem der Berge am Rand des Tals zu erreichen. Doch das gestaltet sioch schwierig. Entweder ist zuviel Eis oder zu lockerer Schnee. Zunächst ist kein brauchbarer Weg auf den Berg zu finden. Svenn-Erik beschließt es auf der anderen Seite zu versuchen , also fahren wir wieder durch das Adventdalen ins Helvetiadalen und dann irgendwann nach rechts den Berg rauf. Einfach ist das hier aber auch nicht gerade. Mehrfach müssen Schlitten aus tiefem Schnee ausgegraben werden und nicht viel weiter bleiben wir gleich wieder stecken. Aber wir schaffen es doch noch auf den über 800 m hohen Berg zu kommen. Auch diesen Punkt kann man nur so bezeichnen: 78°14,393' Nord, 16°37,469' Ost. Leider ist es neblig geworden und von der schönen Aussicht ist nichts mehr zu sehen.

800 m hoher Aussichtspunkt - Heute leider keine Aussicht

Wir fahren also wieder runter ins Adventdalen. Diese Teilstrecke ist heute eigentlich die schönste. Es gibt viel arktische Natur zu sehen, besonders beeindruckt mich die Fahrt in einem zugefrorenen Flußbett. Es ist recht einfach zu fahren und unser Guide läßt sich und uns viel Zeit. So gleiten wir abwärts, ohne all zu viel Motorenlärm, durch die Gegend und freuen uns an der arktischen Natur.

An unserem letzten Abend auf Spitzbergen gehen wir zum Abendessen ins "Huset". Wer es kennt, weiss warum...
 

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Klaus-Dieter Friedrich , April 2003    Datenschutzerklärung